====== Der futurologische Kongreß ====== Der futurologische Kongreß vom Stanisław Lem * 144 Seiten * Erstveröffentlichung: 1971 * Übersetzung: Irmtraud Zimmermann-Göllheim Wer Bücher wie “Fiasko”, “Der Unbesiegbare” und “Eden” von Lem gelesen hat, schaut spätestens nach der ersten Seite des “Kongresses” nochmal nach, ob wirklich Stanisław Lem der Autor ist. Denn das Buch liest sich wirklich leicht und weist wirklich keine Untiefen auf, die nur für einen Interessierten passierbar sind. Und: Es ist witzig, sarkastisch und bitterböse. Ohne weiteres kann man es in dieser Hinsicht in eine Reihe stellen mit Douglas Adams und Kurt Vonnegut. ===== Inhalt ===== Lem schickt uns an der Seite seines Helden Ijon Tichy in eine überbevölkerte und umstürzlerische Zeit, in welcher versuchsweise mit Psychopharmaka auf die Bevölkerung Einfluss zu nehmen. Auf dem namensgebenden Kongress, der in einer mittelamerikanischen Bananen-Republik stattfindet und schon bald außer Rand und Band gerät, werden diese Chemikalien eingesetzt und Tichy kann u.a. am eigenen Leibe die Auswirkungen erleben. Um den Kampfhandlungen zu entgehen, flieht er mit anderen in die Kanalisation und hofft hier die Unruhen aussitzen zu können und von US-Truppen gerettet zu werden. In der Annahme, die Luft sei rein, nimm er bedauerlicherweise seine Sauerstoff-Maske ab und fällt wieder unter den Einfluß der Psycho-Chemikalien. Er wird ein ums andere Mal gerettet und gerät in zunehmend absurder Situationen, die sich aber immer wieder als Halluzination herausstellen. Tichy beschliesst nicht mehr an die Halluzinationen zu glauben und entwickelt so ein Krankheitsbild, was zum momentanen Zeitpunkt als untherapierbar gilt. Er wird eingefroren und erwacht in einer phantastischen Zukunftswelt, in der es weder Elend, Hunger noch Kriege gibt. Und für alles gibt es eine Pille oder ein Pulver. Doch in Tichy wachsen Zweifel und er beginnt an der Realität zu kratzen. ===== Umsetzung, Ideen ===== Lem schafft eine Zukunftsvision in der alles von Chemie, von Psychopharmaka bestimmt ist, in der alles über Tabletten funktioniert - selbst Telefon-Bücher werden in Pillenform geschluckt und man weiß kurz nach dem Runterschlucken dann die gewünschte Telefon-Nummer. Das klingt reichlich absurd, ist aber z.B. nicht weniger unwahrscheinlich als so klassische SciFi-Komponenten wie Beamen und Überlichtgeschwindigkeit. Die Implikationen auf gesellschaftlicher, sozialer, politischer und wirtschaftlicher Ebene berücksichtigt Lem allesamt, sogar die linguistischen Veränderungen greift er auf - ohne in fachkauderwelsch zu verfallen oder langatmig und -weilig zu werden. Der Übersetzerin gebührt ein besonderes Lob - die zahllosen Wortspielereien ins Deutsche zu übersetzen ist eine außergewöhnliche Leistung - Dank für solche Worte wie Schmierarchie und Psychemokratie. ===== Unser Fazit ===== Ein außergewöhnliches Stück Science Fiction, schnell zu lesen, nicht so schnell zu vergessen.