====== Ockhams Rasiermesser ====== * Das Prinzip ist //fälschlicherweise// [[wpde>Wilhelm von Ockham]] (1288-1347) zugeschrieben und als solches bekannt geworden. * Die ihm zugeschriebene Formulierung: "Entia non sunt multiplicanda sine necessitate" ist erst im 17. Jahrhundert entstanden. * Das Prinzip findet sich erstmalig bei [[wpde>Claudius Ptolemäus]] (ca. 100-160 n.d.Z.). * In der Formulierung: "Wir halten es für ein gutes Prinzip, Phänomene mit der Hypothese zu erklären, die so einfach wie möglich ist."((Franklin, James (2001). The Science of Conjecture: Evidence and Probability before Pascal. The Johns Hopkins University Press. Chap 9. p. 241.)) ===== Beschreibung ===== "Ockhams Rasiermesser" beschreibt die Anwendung des sog. "Sparsamkeits-Prinzips": Wenn wir nach Erklärungen suchen, sollten wir zuerst die simpelsten und (objektiv!) wahrscheinlichsten Theorien mit den wenigsten Faktoren untersuchen und ggfs. anderen, komplexeren oder unwahrscheinlicheneren vorziehen (wenn wir keine endgültigen Beweise für die Gültigkeit bzw. Ungültigkeit((s. [[Fallibilismus]])) einer Theorie finden können). Die Methode findet ihre Begründung darin, dass die Wahrscheinlichkeit der Richtigkeit einer Theorie massiv von der Anzahl ihrer einzelnen Faktoren/Bestandteilen abhängt: je mehr Faktoren eventuell falsch sein können, desto wahrscheinlicher ist die ganze Theorie hinfällig. Je mehr Faktoren wir verstehen, bewerten und untersuchen müssen, desto wahrscheinlicher unterläuft uns ein Fehler dabei. Darüber hinaus tendieren Menschen dazu, nicht ausschließlich mit objektiv unstrittigen Argumenten zu arbeiten, also "[[mentale_modelle:first_principles_thinking|aus Grundprinzipien zu argumentieren]]", sondern zahlreiche andere Faktoren hinzuzuziehen, die unnötig wären und dies aus anderen als sachdienlichen Motiven bzw. ohne es zu überhaupt bemerken (w.z.B. [[Affekt-Heuristik]], [[Verfügbarkeits-Heuristik]] oder [[Konjunktions-Fehlschluss]]) "Ockhams Rasiermesser" ist allerdings KEIN ehernes Gesetz! Ein Theorie wird nicht automatisch richtig, wenn oder weil sie einfach ist - Theorien sollten so einfach wie möglich sein, aber nicht einfacher((nach Einstein: "It can scarcely be denied that the supreme goal of all theory is to make the irreducible basic elements as simple and as few as possible without having to surrender the adequate representation of a single datum of experience." (aus "On the Method of Theoretical Physics", Herbert Spencer Lecture, Oxford University, 10.05.1933) Umgangssprachlich: "Everything Should Be Made as Simple as Possible, But Not Simpler")). Die meisten Erklärungen werden von selbst komplex - unnötige Komplexität erhöht lediglich die Wahrscheinlichkeit, dass wir bei der Bildung einer Theorie bzw. im Verstehen scheitern werden. ===== Beispiele ===== * Wenn wir Hufe klappern hören, sollten wir Pferde vermuten - und nicht Zebras. * Nahezu jede Folge von [[wpde>Road Runner und Wile E. Coyote]] * Wenn wir seltsame Lichter am Himmel sehen, dann sind das vermutlich Natur-Phänomene oder Flugzeuge - und nicht UFOs. * Wenn wir in einer Prüfung durchfallen, dann vermutlich weil wir nicht gut genug gelernt haben - und nicht der Prüfer uns böse will. * Wenn eine Person nicht auf unsere Text-Nachrichten reagiert, dann vermutlich, weil deren Handy leer ist - und nicht, weil sie nichts mehr mit uns zu tun haben will. * Jede Alternative zu "Das hat Gott getan." ===== Verbindungen ===== ==== Analyse ==== {{topic>Analyse&nouser&nodate}} ==== Entscheidungsfindung ==== {{topic>Entscheidungsfindung&nouser&nodate}} ==== Problemlösung ==== {{topic>Problemlösung&nouser&nodate}} ===== Quellen ===== * Weinberg/McCann, Super Thinking, p. 8 * Parrish, Mental Models I, p. 157 /* * Dobelli, Denkens, S. * Dobelli, Handelns, S. * Weinberg/McCann, Super Thinking, p. * Parrish, Mental Models I, p. * Kahneman, Denken, S. * Pinker, Gewalt, S. */ {{tag>Entscheidungsfindung Problemlösung Analyse KISS}}