„Ockhams Rasiermesser“ beschreibt die Anwendung des sog. „Sparsamkeits-Prinzips“: Wenn wir nach Erklärungen suchen, sollten wir zuerst die simpelsten und (objektiv!) wahrscheinlichsten Theorien mit den wenigsten Faktoren untersuchen und ggfs. anderen, komplexeren oder unwahrscheinlicheneren vorziehen (wenn wir keine endgültigen Beweise für die Gültigkeit bzw. Ungültigkeit2) einer Theorie finden können).
Die Methode findet ihre Begründung darin, dass die Wahrscheinlichkeit der Richtigkeit einer Theorie massiv von der Anzahl ihrer einzelnen Faktoren/Bestandteilen abhängt: je mehr Faktoren eventuell falsch sein können, desto wahrscheinlicher ist die ganze Theorie hinfällig. Je mehr Faktoren wir verstehen, bewerten und untersuchen müssen, desto wahrscheinlicher unterläuft uns ein Fehler dabei.
Darüber hinaus tendieren Menschen dazu, nicht ausschließlich mit objektiv unstrittigen Argumenten zu arbeiten, also „aus Grundprinzipien zu argumentieren“, sondern zahlreiche andere Faktoren hinzuzuziehen, die unnötig wären und dies aus anderen als sachdienlichen Motiven bzw. ohne es zu überhaupt bemerken (w.z.B. Affekt-Heuristik, Verfügbarkeits-Heuristik oder Konjunktions-Fehlschluss)
„Ockhams Rasiermesser“ ist allerdings KEIN ehernes Gesetz! Ein Theorie wird nicht automatisch richtig, wenn oder weil sie einfach ist - Theorien sollten so einfach wie möglich sein, aber nicht einfacher3). Die meisten Erklärungen werden von selbst komplex - unnötige Komplexität erhöht lediglich die Wahrscheinlichkeit, dass wir bei der Bildung einer Theorie bzw. im Verstehen scheitern werden.